(Stuttgart) Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat entschieden, dass ein Amtsträger, der bei der Bestätigung einer Unterschrift unter einem nichtigen Testament den Anschein erweckt, die Testamentserrichtung sei in Ordnung, pflichtwidrig handelt, auch wenn er vorher darauf hingewiesen hat, dass er nicht befugt ist, ein Testament zu beurkunden.
Darauf verweist der Stuttgarter Fachanwalt für Erbrecht Michael Henn, Vizepräsident und geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutschen Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. (DANSEF) mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe vom 07. Dezember 2010 – Az.: 12 U 102/10.
Die Klägerin macht gegen die beklagte Stadt Amtshaftungsansprüche in Höhe von ca. 102.000,00 Euro geltend. Die Klägerin und ihr inzwischen verstorbener Ehemann hatten lange Jahre eine Wohnung an Herrn K. vermietet. Dieser beabsichtigte, zu Gunsten der Eheleute ein Testament zu errichten. Der Ehemann setzte deshalb im Sommer 2006 handschriftlich den Text des Testaments ohne Datumszusätze sowie Beglaubigungsvermerk auf. In dem Testament wurden die Eheleute als alleinige Erben bestimmt. Gemeinsam mit Herrn K. begab er sich in das Rathaus zum Ortsvorsteher. Nach einem Gespräch las der Ortsvorsteher den Text des vom Ehemann geschriebenen Testamentes vor, danach änderte Herr K. die Datumsangaben. Er unterzeichnete das Testament in Anwesenheit des Ortsvorstehers, der den Vermerk aufbrachte, dass die Unterschrift vor ihm vollzogen worden sei, das Schriftstück in einen Briefumschlag steckte, diesen verschloss und über den Klebefalz zweimal das Dienstsiegel siegelte. Nach dem Tode des Herrn K. Anfang 2008 stellte das Nachlassgericht die Nichtigkeit des Testamentes fest. Ein eigenhändiges Testament muss nämlich gemäß § 2247 BGB eine vom Erblasser eigenhändig geschriebene und eigenhändig unterschriebene Erklärung enthalten.
Die Klägerin verlangt nun Schadenersatz von der Stadt, weil der Ortsvorsteher bei dem Erblasser und ihrem Ehemann eine falsche Vorstellung über die Rechtswirksamkeit des Testaments bewirkt habe. Das Landgericht hat der Klage überwiegend (in Höhe von ca. 76.000,00 Euro) stattgegeben. Die Berufung der beklagten Stadt zum Oberlandesgericht Karlsruhe blieb ohne Erfolg.
Der für Amtshaftungssachen zuständige 12. Zivilsenat hat ausgeführt, so Henn, dass der Ortsvorsteher seine Amtspflichten verletzt hat. Er hat nicht nur die Echtheit der Unterschrift bestätigt, sondern weitere umfassende Tätigkeiten entwickelt und so durch missverständliches Verhalten bei dem Erblasser und dem Ehemann der Klägerin die falsche Vorstellung erweckt, das Testament sei rechtswirksam. Der Ortsvorsteher hatte zwar darauf hingewiesen, dass er nicht in der Lage sei, ein notarielles Testament zu errichten, und auch nicht befugt sei, das Dienstsiegel auf das Testament zu setzen. Er ging jedoch danach mit dem Erblasser und dem Ehemann der Klägerin den Text gemeinsam durch und fragte anschließend Herrn K., ob es so in Ordnung sei. Dies bestätigte Herr K., man stellte jedoch fest, dass die im Testament aufgeführten Daten nicht stimmten, diese änderte Herr K. deshalb. Anschließend unterschrieb er das Testament, der Ortsvorsteher bestätigte nicht nur die Unterschrift, sondern verschloss dann auf eigenen Vorschlag den Umschlag mit dem Dienstsiegel und forderte Herrn K. auf, er solle das Testament gut auffindbar hinterlegen, und wies ihn daraufhin, dass ein Erblasser ein Testament jederzeit neu machen könne.
Diese Tätigkeit des Ortsvorstehers nahm jedenfalls mit der Versiegelung des Umschlags einen dienstlichen Charakter an. Das amtliche Verhalten war geeignet, bei den Anwesenden den Anschein hervorzurufen, dass in dieser Angelegenheit alles Notwendige geregelt, die Errichtung des privatschriftlichen Testaments nunmehr gültig vollzogen sei. Der Ortsvorsteher als Beamter hätte jedoch den Testierenden zumindest deutlich darauf hinweisen müssen, dass mit seiner Sachwaltung keine Gewähr für die Wirksamkeit des Testaments verbunden war, oder seine Tätigkeit ganz versagen müssen. Er wusste zwar nicht, dass das Testament nicht vom Erblasser, sondern vom Ehemann der Klägerin geschrieben worden war, die Unterschiede in den Schriften sind ihm jedoch aufgefallen. Danach hätte er zumindest nachfragen müssen, wie das Testament im Übrigen entstanden sei.
Der Ortsvorsteher hat auch fahrlässig gehandelt. Er hätte erkennen können, dass sein Verhalten missverständlich sein könnte. Der Schaden besteht im Verlust des Erbrechts. Das Landgericht hat ein Mitverschulden der Klägerin und ihres Ehemannes in Höhe von zusammen 25 Prozent angenommen, denn es müsste auch einem Laien letztlich bekannt sein, dass ein Testament eigenhändig verfasst werden muss. Das hat die Klägerin nicht angegriffen. Ein höheres Mitverschulden kommt nach Auffassung des Senats nicht in Betracht. Die Revision ist nicht zugelassen worden.
Henn riet, das zu beachten und in Zweifelsfällen rechtlichen Rat einzuholen, wobei er u. a. auch auf die auf Erb- und Erbschaftsteuerrecht spezialisierten Anwälte/ – innen in der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V., – www.dansef.de – verwies.
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