(Stuttgart) Die Gleichstellung der Erwerber der Steuerklasse II (Eltern, Geschwister etc.) mit Erwerbern der Steuerklasse III (alle übrigen Erwerber) bei den Steuersätzen der Erbschaftsteuer durch § 19 Abs. 1 Erbschaftsteuergesetz ist nach einer Entscheidung des 4. Senats des Finanzgerichts Düsseldorf nicht verfassungswidrig.
Darauf verweist der Nürnberger Fachanwalt für Erb- und Steuerrecht Dr. Norbert Gieseler, Vizepräsident der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V., Stuttgart, unter Hinweis auf das am 01.03.2011 veröffentlichte Urteil des Finanzgerichts (FG) Düsseldorf vom 12.01.2011 – Az.: 4 K 2574/10 Erb.
In dem Fall ist der Kläger der Sohn des Bruders des im Jahre 2009 verstorbenen Erblassers und hatte diesen zu einem Viertel Anteil beerbt. Damit entfielen auf ihn 51.266 EUR. Das Finanzamt ging sodann nach Abzug eines Freibetrags von 20.000 EUR von einem steuerpflichtigen Erwerb von abgerundet 31.200 EUR zu einem Steuersatz von 30 % aus und setze damit gegen den Kläger 9.360 EUR Erbschaftsteuer fest. Mit seinem Einspruch machte er geltend: § 19 Abs. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts (Erbschaftsteuerreformgesetz) vom 24. Dezember 2008 sei verfassungswidrig. Der Gesetzgeber habe zu Unrecht die tariflichen Unterschiede zwischen den Steuerklassen II und III beseitigt. Die Gleichstellung der Erwerber der Steuerklasse II mit Erwerbern der Steuerklasse III durch § 19 Abs. 1 ErbStG verstoße gegen Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Der Begriff der Familie i.S. des Art. 6 Abs. 1 GG sei nicht auf einen bestimmten Grad der verwandtschaftlichen Beziehungen beschränkt. Nahe Familienangehörige des Erblassers, die der Steuerklasse II zuzuordnen seien, dürften nicht mit denselben Steuersätzen wie fremde Dritte mit Erbschaftsteuer belastet werden.
Er sei zudem in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt, weil der Gesetzgeber durch Art. 6 Nr. 2 des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes die frühere Unterscheidung der Steuersätze zwischen Erwerbern der Steuerklasse II und III wieder hergestellt habe, ohne die neue Rechtslage auf Erwerbe zu erstrecken, für welche die Steuer im Jahr 2009 entstanden sei. Dies habe zur Folge, dass Steuerpflichtige je nach dem Zeitpunkt ihres Erwerbs unterschiedlich behandelt würden. Hierfür gebe es keine sachliche Rechtfertigung. Demgegenüber habe der Gesetzgeber des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes für die erweiterte Begünstigung von Betriebsvermögen eine Rückwirkung vorgesehen.
Das, so Dr. Gieseler, sah das Finanzgericht Düsseldorf jedoch anders. Die Gleichstellung der Erben der Steuerklasse II und III sei nicht verfassungswidrig.
Der Gesetzgeber des Erbschaftsteuerreformgesetzes habe Erwerber der Steuerklasse II und III in § 19 Abs. 1 ErbStG zwar gleichgestellt, obgleich die erstgenannte Personengruppe im Gegensatz zur letztgenannten Personengruppe regelmäßig eine verwandtschaftliche Nähe zum Erblasser oder Schenker aufweise. Diese Gleichstellung lasse sich für den Regelfall indessen (noch) mit einer verfassungsrechtlich zulässigen Typisierung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Oktober 2010 1 BvL 12/07, DStR 2010, 2393) rechtfertigen. Der Gesetzgeber konnte bei Erwerbern der Steuerklasse II davon ausgehen, dass in der Regel ebenso wie bei Erwerbern der Steuerklasse III überwiegend keine Lebens- und Erziehungsgemeinschaft und Hausgemeinschaft, sondern allenfalls eine Begegnungsgemeinschaft mit dem Erblasser oder Schenker bestehe, die damit einem geringeren verfassungsrechtlichen Schutz unterliege.
Der Kläger könne sich auch nicht darauf berufen, dass der Gesetzgeber des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes die durch Art. 6 Nr. 2 des Gesetzes wieder eingeführte Unterscheidung der Steuersätze zwischen Erwerbern der Steuerklasse II und III nicht auch auf Erwerbe erstreckt habe, für welche die Steuer noch im Jahr 2009 entstanden ist. Die Anknüpfung an den Stichtag der Steuerentstehung sei als solche nicht willkürlich. Sie entspreche dem Grundprinzip des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrechts und lasse sich daher durch sachliche Gründe rechtfertigen. Da der Kläger durch die Regelung des § 19 Abs. 1 ErbStG nicht in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt werde, könne er auf Grund Verfassungsrechts keine Rückwirkung der Neuregelung des § 19 Abs. 1 ErbStG in der Fassung des Art. 6 Nr. 2 des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes beanspruchen.
Die Revision gegen dieses Urteil wurde vom FG Düsseldorf jedoch zugelassen.
Gieseler empfahl daher, einen etwaigen Fortgang zu beachten sowie ggfs. rechtlichen und steuerlichen Rat einzuholen, wobei er u. a. auch auf die bundesweit mehr als 700 auf Erbrecht, Erbschaftsteuerrecht und Scheidungsrecht spezialisierten Rechtsanwälte und Steuerberater der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V., www.dansef.de verwies.
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