(Nürnberg) Jahr für Jahr werden rd. 200 Milliarden Euro vererbt. Immer häufiger kommt es dabei nach dem Tode des Erblassers zu Streit, der nicht selten erst bei Gericht endet. Ursache dafür, so der Brühler Rechtsanwalt Dr. Lutz Förster, Vizepräsident der Deutschen Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. (DANSEF), seien häufig falsch verwendete Begriffsbestimmungen, insbesondere in privatschriftlich errichteten Testamenten.
Ein geradezu klassischer Fall, so Förster, sei die Verwechslung zwischen der sogenannten „Vor- und Nacherbschaft“ und der „Vollerbschaft“, bei der der Erbe uneingeschränkt über das Erbe verfügen kann. Verfüge z. B. ein Erblasser „Nach meinem Tode soll zunächst meine Frau Anne alles erhalten, danach soll das Erbe auf meinen Sohn übergehen“, sei nicht klar ersichtlich, welche Form der Erbschaft der Erblasser für seine Erben angestrebt habe. Der Wortlaut, so Förster, lasse in diesem Fall den Schluss zu, dass der Erblasser die sogenannte „Vor- und Nacherbschaft“ angeordnet hat. Bei dieser Testamentsform ist der Vorerbe, hier die Ehefrau, nur „Nutznießer“ des ererbten Vermögens bis es schließlich nach ihrem Tod auf den Nacherben, hier den Sohn, übergeht. Der Vorerbe, so Förster, unterliegt jedoch schon von Gesetzes wegen gewissen Beschränkungen. Insbesondere kann er ohne Zustimmung des Nacherben nicht über Grundstücke oder grundstücksgleiche Rechte verfügen. Beabsichtigt daher im vorliegenden Fall die zunächst erbende Ehefrau, das ererbte Zweifamilienhaus zu veräußern und ihren Lebensabend von dem Erlös auf Mallorca zu verbringen, so ist der Traum hiervon dann ausgeträumt, wenn der Sohn als Nacherbe seine Zustimmung zu dem Verkauf verweigert, betont Förster. Aber auch in vielen anderen Fällen, so ergänzt sein Stuttgarter Vorstandskollege, der Erbrechtsfachanwalt Michael Henn, kommt es auf die genaue Formulierung an. So bedeute der häufig in privatschriftlichen Testamenten benutzte Begriff „Haupterbe“ nicht, dass der so Eingesetzte auch Alleinerbe ist. Hierbei gehe die Rechtsprechung sogar so weit, dass dies selbst dann nicht der Fall sein muss, wenn der Erbteil des so Bedachten größer ist als derjenige der andere Erben (BayObLG FamRZ 1992, 228 LS).
Auf diese Weise, so Henn, kann es vorkommen, dass sich der als „Haupterbe“, für ihn gleichzusetzen mit „Alleinerbe“, fühlende Erbe plötzlich in einer Erbengemeinschaft mit mehreren Personen wieder findet, bei der keiner der einzelnen Erben für sich allein über den Nachlass oder auch nur einzelne Nachlassgegenstände entscheiden kann, sondern immer die Zustimmung aller Erben benötigt. Vor diesem Hintergrund empfehlen dann beide Erbexperten auch, privatschriftliche Testamente nur nach vorher eingeholter juristischer Beratung zu errichten, um den Erben so herbe Enttäuschungen oder oft jahrelang andauernde Rechtsstreite zu ersparen.
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