(Stuttgart) Erklärt ein Abkömmling nach dem Tode seines Vaters in einem notariellen Erbauseinandersetzungsvertrag mit seiner Mutter, er sei mit der Zahlung eines bestimmten Betrages „vom elterlichen Vermögen unter Lebenden und von Todes wegen ein für alle Male abgefunden“, kann das als Verzicht auf das gesetzliche Erbrecht nach dem Tode der Mutter auszulegen sein.
Darauf verweist der Stuttgarter Fachanwalt für Erbrecht Henn, Vizepräsident der Deutschen Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e.V., mit dem Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf die Mitteilung des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm vom 6.10.2014 zu seinem Beschluss vom 22.07.2014 (15 W 92/14).
Der 1991 im Alter von 62 Jahren verstorbene Familienvater aus Bergkamen wurde von seiner 1935 geborenen Ehefrau und seinen beiden Kindern, einer 1960 geborenen Tochter und einem 1972 geborenem Sohn, beerbt. Mit den Kindern schloss die Ehefrau im Jahre 1991 einen notariellen Erbauseinandersetzungsvertrag. Nach dem Vertrag erwarb der Sohn gegen die Zahlung von insgesamt 100.000 DM den Erbteil seiner Schwester. In dem Vertrag heißt es u.a., die Schwester erkläre mit der Zahlung „vom elterlichen Vermögen unter Lebenden und von Todes wegen ein für alle Male abgefunden“ zu sein. Im Jahre 2013 verstarb die Mutter, ohne ein Testament zu hinterlassen. Der Sohn hat daraufhin einen ihn als Alleinerben ausweisenden Erbschein beantragt. Dem ist seine Schwester mit der Begründung entgegengetreten, sie sei gesetzliche Miterbin geworden, auf ihr Erbrecht nach ihrer Mutter habe sie im Jahre 1991 nicht verzichtet.
Der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat dem Sohn Recht gegeben und die Voraussetzungen für die Erteilung des von ihm beantragten Erbscheins für festgestellt erachtet. Seine Schwester habe in dem im Jahre 1991 abgeschlossenen Erbauseinandersetzungsvertrag auf ihr gesetzliches Erbe nach dem Tode ihrer Mutter verzichtet. Der Verzicht ergebe sich aus der Vertragsbestimmung, nach der die Schwester nach Zahlung eines bestimmten Betrages „ein für alle Male abgefunden sei“. Insoweit sei nicht erforderlich, dass der Vertrag den Begriff „Erbverzicht“ verwende. Es sei ausreichend, wenn sich der Verzichtswille aus dem Inhalt des Vertrages ergebe. Hiervon sei nach dem Vertragswortlaut auszugehen. Die in Frage stehende Vertragsbestimmung beziehe sich auf das „elterliche Vermögen“ und lasse so erkennen, dass nicht nur der väterliche Nachlass geregelt werden solle. Die weiteren Formulierungen „unter Lebenden und von Todes wegen“ sowie „ein für alle Male abgefunden“, sprächen dafür, dass das Erbrecht nach Vater und Mutter endgültig geregelt werden solle und dass die Schwester nach dem Tode der Mutter nichts mehr zu erwarten haben sollte. Dieses Verständnis müsse auch einem juristischen Laien klar vor Augen stehen.
Der weitere Vertragsinhalt ergebe keine Anhaltspunkte für ein anderes Auslegungsergebnis. Der Vertrag enthalte vielmehr Regelungen zum Erbrecht des Sohnes nach dem Tode der Mutter, was dafür spreche, dass er auch das Erbrecht der Tochter insoweit habe regeln sollen. Abgesehen davon sei den Vertragsbeteiligten klar gewesen, dass die an die Tochter zu leistenden Zahlungen aus dem elterlichen Vermögen bestritten werden würden – der noch in der Ausbildung befindliche Sohn habe nicht über die erforderlichen Geldmittel verfügt – und die Tochter im Ergebnis so stelle, als habe sie ihren Erbanteil von ¼ nach dem Tode des Vaters nahezu verdoppelt.
Henn riet, das zu beachten und in Zweifelsfällen rechtlichen Rat einzuholen, wobei er u. a. auch auf die Anwälte/ – innen in der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V., – www.dansef.de – verwies.
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