(Nürnberg) Eine Mitursächlichkeit der Behinderung des Kindes für seine mangelnde Fähigkeit zum Selbstunterhalt genügt für den Kindergeldanspruch nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG. Aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt sich aber, dass die Mitursächlichkeit erheblich sein muss.
Darauf verweist der Nürnberger Fachanwalt für Familienrecht Martin Weisfpenning, Geschäftsführer der Deutschen Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. (DANSEF) mit Sitz in Nürnberg unter Hinweis auf ein am 25.02.2009 veröffentlichtes Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH AZ: III R 105/07). Die 1982 geborene behinderte Klägerin (Grad der Behinderung – GdB – 60, Merkmal RF) begehrte in dem Fall die Festsetzung von Kindergeld zugunsten ihrer Mutter. Nach Beendigung der Sonderschule besuchte sie 1999/2000 die Vorklasse (Textil/Hauswirtschaft) und 2000/2001 einen Qualifikationslehrgang (Praktikum Floristin) am Kolleg für Hörgeschädigte, um arbeitsmarktorientierte Grundfertigkeiten zu erlangen. Ab März 2002 war die Klägerin mit dem Berufswunsch Floristenhelferin/Verkäuferin im Lagerbereich arbeitslos gemeldet. Im Jahr 2004 nahm sie an einer Berufsvorbereitungsmaßnahme für Behinderte, zunächst in der Grundstufe und ab 2005 in der Förderstufe teil. Nach Beendigung des Lehrganges meldete sich die Klägerin erneut arbeitslos und erhielt Arbeitslosengeld II. Seit August 2005 wird die Klägerin bei der Berufsberatung nicht mehr als Bewerberin für eine berufliche Ausbildungsstelle geführt.
Das Kindergeld für die Klägerin wurde zugunsten der Mutter festgesetzt und im Wege der Abzweigung bis einschließlich August 2005 unmittelbar an die Klägerin gezahlt, weil diese keinen Unterhalt an die Klägerin leistete. Am 19. Juli/14. August 2005 beantragte die Mutter erneut Kindergeld unter gleichzeitiger Abtretung an die Klägerin. Die Klägerin stellte am 18. August 2005 einen Antrag auf Auszahlung des Kindergeldes und teilte mit, sie sei Hartz IV-Empfängerin. Sie bitte um einen begründeten Ablehnungsbescheid und werde in jedem Falle mit Hilfe des Sozialamtes Einspruch einlegen.
Die beklagte Familienkasse lehnte den Antrag ab. Sie führte zur Begründung aus, die Klägerin sei weder als ausbildungsplatzsuchend gemeldet noch könne sie als behindertes Kind berücksichtigt werden, weil die Behinderung nicht ursächlich dafür sei, dass die Klägerin ihren Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten könne. Das Finanzgericht (FG) sah die Klage als zulässig an, wogegen die Familienkasse Revision einlegte.
Diese, so Weispfenning, wies der BFH jedoch nun als unbegründet zurück. Das FG habe zutreffend entschieden, dass gegenüber der Mutter Kindergeld für die Klägerin ab September 2005 festzusetzen ist. Gemäß den §§ 62 Abs. 1, 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG 2002 bestehe für ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, Anspruch auf Kindergeld, wenn es wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten und die Behinderung vor dem 27. Lebensjahr eingetreten ist. Das FG habe eine erhebliche Mitursächlichkeit der Behinderung im Streitfall als gegeben angesehen und nicht wie die Familienkasse meint, jede irgendwie geartete Mitursächlichkeit ausreichen lassen. Die Gesamtwürdigung des FG, die Behinderung der Klägerin sei erheblich mitursächlich für ihre mangelnde Fähigkeit zum Selbstunterhalt, sei revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Klägerin sei seit ihrer Geburt behindert und hat ab 2001 einen GdB von 60. Die Klägerin beziehe lediglich Arbeitslosengeld II und hatte nur zeitweise einen 1-Euro-Job. Ihr konnte mittelfristig keine Arbeitsstelle von der Arbeitsvermittlung der Agentur für Arbeit vermittelt werden. Die von der Klägerin absolvierten berufsbildenden Maßnahmen für Hörgeschädigte belegen, dass sie sich ständig intensiv um Fortbildung bemüht hat, um eine Ausbildungsstelle oder zumindest eine Arbeitsstelle zu erhalten. Nach den Ausführungen des FG führten die Leistungseinschränkungen der Klägerin aufgrund ihrer Lernbehinderung wegen der frühkindlichen Hirnschädigung und ihrer Schwerhörigkeit trotz ihrer abstrakten Arbeitsfähigkeit zu einer erheblichen Einschränkung der Vermittlungschancen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Diese Würdigung sei jedenfalls vertretbar und daher nicht zu beanstanden.
Gemäß den Vorschriften des EStG 2002 bestehe für ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, Anspruch auf Kindergeld, wenn es wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten und die Behinderung vor dem 27. Lebensjahr eingetreten ist. Die Entscheidung, ob eine erhebliche Mitursächlichkeit vorliegt, habe das FG im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles zu treffen, die vom BFH nur eingeschränkt überprüfbar sei.
Weispfenning riet allen Betroffenen, im Zweifel Rechtsrat einzuholen, wobei er u. a. auf die DANSEF – www.dansef.de – verwies, in bundesweit mehr als 700 auf Erbrecht, Erbschaftsteuerrecht und Familien- und Scheidungsrecht spezialisierte Rechtsanwälte und Steuerberater organisiert sind.
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