(Stuttgart) Ein rechtlich beachtlicher Irrtum über die Überschuldung des Nachlasses liegt nur vor, wenn sich der Anfechtende in einem Irrtum über die Zusammensetzung des Nachlasses befunden hat, dagegen nicht, wenn lediglich falsche Vorstellungen von dem Wert der einzelnen Nachlassgegenstände vorgelegen haben.

Darauf verweist der Fachanwalt für Erbrecht Michael Henn von der der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V., Stuttgart unter Hinweis auf die Mitteilung des Pfälzischen Oberlandesgerichts (OLG) Zweibrücken vom 10.12.2024 zu seinem Beschluss vom 14. August 2024 – 8 W 102/23.

Die Erblasserin ist im Alter von 106 Jahren ohne Testament verstorben. Zuvor lebte sie seit längeren Jahren in einem Seniorenheim. Die Heim- und Pflegekostenkosten wurden aus Mitteln der Kriegsopferfürsorgestelle bestritten. Diese Leistungen wurden als Darlehen gewährt und durch eine Grundschuld an einem Haus der Erblasserin abgesichert. Der Ehemann der Erblasserin, ihre beiden Kinder und auch bereits ein Enkelkind waren bereits vorverstorben. Gesetzliche Erben waren die Enkel und Urenkel der Erblasserin.

Nach dem Tod der Erblasserin, hat u.a. die in gesetzlicher Erbfolge zur Erbin berufene Enkelin das Erbe ausgeschlagen und dabei angegeben, dass der Nachlass nach ihrer Kenntnis überschuldet sei. Zwei Urenkel der Erblasserinnen haben das Erbe dagegen nicht ausgeschlagen. In der Folge wurde das Haus der Erblasserin unter Mitwirkung einer gerichtlich bestellten Nachlasspflegerin an Dritte verkauft. Nach dem Verkauf des Hauses hat die Enkelin ihre Erklärung zur Erbausschlagung sodann wegen Irrtums angefochten. Danach hat sie die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der u.a. sie als Erbin zu 1/4 Anteil ausweisen sollte.

Das Nachlassgericht hat entschieden, dass der Erbschein wegen der angefochtenen Erbausschlagungserklärung der Enkelin wie von ihr beantragt erteilt werden müsse. Gegen diesen Beschluss wendete sich einer der Urenkel, der die Erbschaft nicht ausgeschlagen hatte, mit seiner Beschwerde.

Auf die Beschwerde hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Zweibrücken entschieden, dass der Erbscheinsantrag der Enkelin zurückzuweisen sei, da der von ihr beantragte Erbschein die eingetretene Erbfolge unzutreffend wiedergebe.

Die Enkelin sei keine Erbin geworden, da sie die Erbschaft wirksam ausgeschlagen habe und sie die Ausschlagungserklärung wegen Irrtums auch nicht wirksam anfechten könne. Soweit sie Ihren Irrtum damit begründet habe, dass ihr erst im Nachhinein bekannt geworden sei, dass zum Nachlass ein Bankkonto bei der Kreissparkasse Köln mit einem vierstelligen Guthaben gehöre, läge zwar ein beachtlicher Irrtum über die Zusammensetzung des Nachlasses vor. Dieser Irrtum hätte aber nicht ihre Ausschlagung der Erbschaft veranlasst. Denn selbst, wenn ihr das Konto bei der Kreissparkasse Köln bekannt gewesen wäre, hätte dies mangels wirtschaftlichem Gewicht des dortigen Guthabenbetrages gegenüber den restlichen Nachlasspositionen nichts an ihrer Einschätzung der Überschuldung des Nachlasses geändert. Soweit sich die Enkelin darauf berufe, dass sie darüber geirrt habe, dass der Erlös aus dem Verkauf des Hauses der Erblasserin die Verbindlichkeiten aus dem mit der Grundschuld abgesicherten Darlehen für die Heim- und Pflegekosten der Kriegsopferfürsorgestelle übersteige, liege kein Irrtum vor, der zur Anfechtung berechtige. Dieser Irrtum beruhe lediglich auf der unzutreffenden Vorstellung über den Wert des Nachlasses, nicht über dessen Zusammensetzung.

Henn empfahl dies zu beachten und in allen Zweifelsfällen Rechtsrat einzuholen, wobei er u. a. auch auf die bundesweit mehr als 600 auf Erbrecht, Erbschaftsteuerrecht und Scheidungsrecht spezialisierten Rechtsanwälte und Steuerberater der DANSEF Deutsche Anwalts‑, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V., www.dansef.de verwies.

 

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