(Nürnberg) Die Übertragung eines Wohnanwesens durch die Eltern auf eines ihrer Kinder kann nach dem Tod der Eltern nur dann Ausgleichsansprüche der anderen Kinder auslösen, wenn eine Schenkung vorliegt. Das ist aber nicht der Fall, wenn der „bedachte“ Sprössling im Gegenzug Verpflichtungen übernommen hatte, deren Wert dem des Anwesens entsprach.

Dies, so der Stuttgarter Fachanwalt für Erbrecht Michael Henn, Vizepräsident der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. mit Sitz in Nürnberg, ist der Konsequenz eines Urteils des Landgerichts Coburg vom 25. Juni 2007, AZ: 14 O 522/06; bestätigt durch das Oberlandesgericht Bamberg durch Beschluss vom 22. Oktober 2007, AZ: 6 U 44/07; rechtskräftig).

Ist ein Abkömmling oder der Ehegatte, ggfs. auch die Eltern, durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen, können diese von dem (Testaments-) Erben als Pflichtteil die Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils als Pflichtteil verlangen.

Bei der Berechnung des Anspruchs ist § 2325 BGB zu beachten, der wie folgt lautet:

(1) Hat der Erblasser einem Dritten eine Schenkung gemacht, so kann der Pflichtteilsberechtigte als Ergänzung des Pflichtteils den Betrag verlangen, um den sich der Pflichtteil erhöht, wenn der verschenkte Gegenstand dem Nachlass hinzugerechnet wird.

(2) Eine verbrauchbare Sache kommt mit dem Wert in Ansatz, den sie zur Zeit der Schenkung hatte. Ein anderer Gegenstand kommt mit dem Wert in Ansatz, den er zur Zeit des Erbfalls hat; hatte er zur Zeit der Schenkung einen geringeren Wert, so wird nur dieser in Ansatz gebracht.

(3) Die Schenkung bleibt unberücksichtigt, wenn zur Zeit des Erbfalls zehn Jahre seit der Leistung des verschenkten Gegenstands verstrichen sind; ist die Schenkung an den Ehegatten des Erblassers erfolgt, so beginnt die Frist nicht vor der Auflösung der Ehe.

In dem vorliegenden Fall überschrieb der Vater im Jahre 1999 das Hausgrundstück auf seinen Sohn. In dem Vertrag war ein so genanntes Leibgeding vereinbart, das ein Wohnungsrecht des Vaters, Pflegeleistungen des Sohnes und eine dauernde Last (also Zahlungsverpflichtung) von monatlich rund 300 € umfasste. Außerdem verpflichtete sich der Sohn, die Beerdigungskosten zu übernehmen und das Grab zu pflegen. 2005 verstarb der Vater, nachdem er zuvor seinen Sohn auch als Alleinerben eingesetzt hatte. Die Tochter fühlte sich deutlich zu kurz gekommen und verlangte von ihrem Bruder Pflichtteilsergänzung um den Wert des bereits 1999 überschriebenen Hausgrundstücks. Dieses war ihrer Meinung nach 260.000 € wert, während man die übernommenen Pflichten nur mit 25.000 € bewerten könne. Also seien dem Bruder 235.000 € geschenkt worden, wovon sie nun ein Viertel zu beanspruchen habe.

Das, so Henn, sah das Landgericht Coburg anders. Sachverständig beraten kam es zu einem Verkehrswert des Grundstücks von 101.000 €. Ein Mehrwert gegenüber den Vertragspflichten des Beklagten bestehe aber nicht. Denn unter Berücksichtigung der aus Sicht des Jahres 1999 voraussichtlichen Lebenserwartung des Vaters seien das Wohnungsrecht mit 42.000 €, die dauernde Last mit 33.000 € und die Pflegeverpflichtung mit 14.000 €  zu  bewerten. Hinzu kämen die mit rund 12.000 € einzuschätzenden Kosten von Beerdigung und Grabpflege. Leistung und Gegenleistungen hielten sich damit exakt die Waage, so dass es an einer Schenkung fehle.

Als Fazit gab das Landgericht Coburg in der Pressemitteilung zu dem Urteil dabei folgendes mit auf den Weg:

Ob einer beschenkt wird, richtet sich nicht nur danach, was er bekommt, sondern auch danach, was er dafür geben muss.

Henn empfahl in allen Fällen vorzeitiger Immobilienübertragungen oder der Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen eine umfangreiche rechtliche Beratung, wobei er u. a. auch auf die bundesweit mehr als 700 auf Erbrecht, Erbschaftsteuerrecht und Scheidungsrecht spezialisierten Rechtsanwälte, Notare und Steuerberater in der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung  für Erb- und Familienrecht e. V. – www.dansef.de – verwies.

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