BFH, Beschluss vom 22.07.2020, AZ II R 42/18
Ausgabe: 1-2021Erbrecht
Berücksichtigung eines Pflichtteilsanspruchs bei Berechnung der fiktiven Zugewinnausgleichsforderung
Ein nach Eintritt in den Güterstand der Zugewinngemeinschaft von Todes wegen erworbener Pflichtteilsanspruch ist eine rechtlich geschützte Position von wirtschaftlichem Wert, die bei Berechnung der fiktiven Zugewinnausgleichsforderung dem Anfangsvermögen des erwerbenden Ehegatten hinzuzurechnen ist.(Rn.16)(Rn.18)(Rn.20)
1. Die Berücksichtigung im Rahmen des zugewinnausgleichsrelevanten Vermögens wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass es sich bei dem Pflichtteilsanspruch um eine Geldforderung im Sinne eines Geldsummenanspruchs handelt, der am Stichtag noch nicht erfüllt ist. Zwar ist der Zugewinnausgleich auf den sofortigen Ausgleich der vorhandenen Vermögenswerte gerichtet. Das kann aber nicht bedeuten, dass das auszugleichende Vermögen liquidationsrechtlich bewertet werden müsste und nur solche Gegenstände berücksichtigt werden dürften, deren Wert sogleich verfügbar ist, oder dass die Gegenstände nur mit dem Wert angesetzt werden dürften, der sich sogleich realisieren lässt.(Rn.19)
2. Dass der Pflichtteilsanspruch im Streitfall beim Tod der Erblasserin am 30.04.2009 bereits verjährt war, steht einer Hinzurechnung zu ihrem güterrechtlichen Anfangsvermögen nicht entgegen. Zum Zeitpunkt des Todes der Mutter am 21.01.2005 ist der Pflichtteilsanspruch nach § 2317 Abs. 1 BGB als Vollrecht im Vermögen der Erblasserin entstanden. Der spätere Eintritt der Verjährung wirkt nicht auf den Zeitpunkt des Erwerbs zurück.(Rn.24)
3. Ein Pflichtteilsanspruch kann auch dem Endvermögen hinzuzurechnen sein. Voraussetzung ist, dass er zum Zeitpunkt der Beendigung des Güterstands besteht und noch nicht verjährt ist.(Rn.22)
4. Die zivilrechtliche Rechtsprechung zur Berücksichtigung der Geldentwertung bei der Berechnung des Anspruchs auf Zugewinnausgleich ist für die Auslegung und Anwendung des § 5 Abs. 1 Satz 1 ErbStG maßgebend.(Rn.21)
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