OLG Braunschweig, Beschluss vom 10.08.2020, AZ 3 W 92/20
Ausgabe: 09-2020Erbrecht
Funktionelle Zuständigkeit des Nachlassrichters in streitigen Erbscheinangelegenheiten
1. In Niedersachsen ist in Erbscheinssachen der bundesrechtliche Richtervorbehalt des § 16 Abs. 1 Nr. 6 RPflG nicht anwendbar (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 RPflG, § 1 Nr. 7 Nds. Subdelegationsverordnung-Justiz, § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Nds. ZustVO-Justiz).
2. Werden gegen die Erteilung des beantragten Erbscheins Einwände erhoben, hat der Rechtspfleger das Verfahren nach dem landesrechtlichen Richtervorbehalt des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nds. ZustVO-Justiz dem Nachlassrichter zur weiteren Bearbeitung vorzulegen.
3. Eine (Rück-)Übertragungsmöglichkeit auf den Rechtspfleger enthält § 14 Nds. ZustVO-Justiz nicht; § 16 Abs. 3 RPflG ist auf den landesrechtlichen Richtervorbehalt nicht anwendbar.
4. Hat statt des zuständigen Richters der unzuständige Rechtspfleger entschieden, ist die Sache – unabhängig von ihrer etwaigen inhaltlichen Richtigkeit – vom Beschwerdegericht aufzuheben, an das Nachlassgericht zurückzuverweisen und zugleich dem Richter vorzulegen (Anschluss an BGH, Beschluss vom 2. Juni 2005 – IX ZB 287/03 –, NJW-RR 2005, S. 1299).
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