OLG Celle, Beschluss vom 01.02.2023, AZ 21 UF 164/22
Ausgabe: 04-2023Familienrecht
1. Die Vaterschaft eines Mannes zu einem Kind kann – postmortal – in einem gerichtlichen Verfahren auch festgestellt werden, wenn das Standesamt und die Standesamtsaufsicht die in einem als „Vaterschaftsanerkennung und Alimentenverpflichtung“ überschriebenen Schriftstück unter einer Bedingung im Jahr 1965 in der Schweiz beurkundete Erklärung als rechtlich zweifelhaft einstufen.
2. Bei der Abstammung eines Kindes handelt es sich um einen abgeschlossenen Vorgang, sodass nach Art. 220 Abs. 1 EGBGB auf vor dem 1. September 1986 abgeschlossene Vorgänge das bisherige Internationale Privatrecht anwendbar ist (BGH FamRZ 1994, 1027). Da für die Zeit vor dem 1. September 1986 im deutschen Internationalen Privatrecht keine ausdrückliche Kollisionsnorm zur abstammungsrechtlichen Zuordnung eines nichtehelichen Kindes zum Vater bestand, ist nach Inkrafttreten des Nichtehelichengesetzes das für die Vaterschaftsfeststellung anzuwendende Statut dem für die Unterhaltspflicht geltenden Recht zu entnehmen (BGH FamRZ 1973, 257).
3. Für ein Abstammungsgutachten kann eine genetische Probe herangezogen werden, die aus auf Postkarten des potentiellen leiblichen Vaters aufgeklebten Briefmarken gewonnen wurden. Zur Überzeugungsbildung können die erklärte Vaterschaftsanerkennung, die über mehrere Jahre gezahlten Unterhaltsbeträge sowie Briefe der verstorbenen Mutter und des potentiellen Vaters herangezogen werden.
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