OLG Celle, Beschluss vom 24.03.2021, AZ 21 UF 146/20
Ausgabe: 04-2021Familienrecht
1. § 1592 BGB ermöglicht nicht die abstammungsrechtliche Zuordnung eines zweiten Elternteils, wenn ein Kind in einer gleichgeschlechtlichen Ehe zweier Frau geboren wird, und ist aus diesem Grund mit Art. 6 Abs. 2 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar.
2. Zugleich ist das Grundrecht des betroffenen Kindes aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG auf Gewährleistung von Pflege und Erziehung durch seine Eltern verletzt.
3. Eine (verfassungskonforme) Auslegung oder analoge Anwendung von § 1592 Nr. 1 BGB zur Begründung einer Mit-Mutterschaft ist nicht möglich, da der aus der abstammungsrechtlichen Systematik erkennbare gesetzliche Wertungsplan, der für die Vaterschaft als zweiter Elternstelle eine genetische Abstammung zugrunde liegt, auf eine gleichgeschlechtliche Ehe oder Partnerschaft nicht übertragbar ist (im Anschluss an BGH v. 10. Oktober 2018 – XII ZB 231/18, FamRZ 2018, 1919 ff.).
4. Vom personellen Schutzbereich des Elternrechts aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG ist nach Auffassung des Senats auch die Ehefrau der Mutter des Kindes erfasst, weil sich die zentralen Begründungselemente der (verfassungsrechtlichen) Elternschaft bei natürlicher Zeugung auf gleichgeschlechtliche Ehegatten oder Partner übertragen lassen. Denn sie schenken durch ihre Erklärungen im Rahmen der Reproduktionsbehandlung dem daraus hervorgegangenen Kind das Leben und dokumentieren zugleich, und dass sie für dieses dauerhaft und verlässlich Verantwortung tragen wollen.
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