OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.08.2022, AZ 3 Wx 71/22
Ausgabe: 11-2022Erbrecht
1. Hat der Erblasser seiner Ehefrau das „beim Erbfall bewohnte Wohnhaus“ als Vorausvermächtnis zugewendet und sind die Eheleute aufgrund der Pflegebedürftigkeit des Erblassers zu ihren Töchtern gezogen, erfordert die Inanspruchnahme des Vorausvermächtnisses, dass der Umzug aus dem ehelichen Haus nach dem Willen der Eheleute nur vorübergehend sein sollte und die Ehefrau noch im Zeitpunkt des Erbfalles die Absicht hat, in ihr früheres Wohnhaus zurückzukehren.
2. Von dem Vermächtniszweck ist es nicht gedeckt, wenn der überlebende Ehegatte im Zeitpunkt des Erbfalles eine andere Unterkunft gefunden hat und ein Rückgriff auf die ehemals eheliche Wohnung völlig ungewiss ist.
3. Ein Fehlverhalten des zum Testamentsvollstrecker berufenen Miterben im Sinne von § 2227 BGB scheidet nicht deshalb aus, weil der Testamentsvollstrecker Handlungen zur Auseinandersetzung des Nachlasses unter Inanspruchnahme einer ihm vom Erblasser über dessen Tod hinaus erteilten Generalvollmacht veranlasst.
4. Enthält die Generalvollmacht Vorgaben zur Nachlassverwaltung oder Nachlassauseinandersetzung und hat sich der Bevollmächtigte im Rahmen dieser Vorgaben gehalten, ist dies bei der Beurteilung möglicher Entlassungsgründe zu berücksichtigen.
5. Misstrauen in die ordnungsgemäße Amtsführung als Testamentsvollstrecker kann es begründen, wenn dieser haltlose Forderungen reklamiert oder seine Testamentsvollstreckerleistungen pauschal mit einem weit übersetzen Betrag abrechnet.
6. Hat der Erblasser dem Testamentsvollstrecker bei der Verwaltung und Auseinandersetzung des Nachlasses einen weiten Handlungs- und Entscheidungsspielraum zugebilligt, andererseits aber durch dezidierte Vorgaben zum Ausdruck gebracht, dass für ihn die wertmäßig exakte Aufteilung seines Nachlasses unter den Miterben von großer Bedeutung ist, führen Verfehlungen des Testamentsvollstreckers, die auf eine erhebliche Schädigung der Miterben gerichtet waren, zu seiner Entlassung.
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