OLG München, Beschluss vom 22.11.2021, AZ 33 U 2768/21
Ausgabe: 11-2021Erbrecht
Verjährung Pflichtteilsansprüche
Nach § 199 Abs. 1 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist mit Ablauf des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
Bezüglich des Pflichtteilsanspruchs liegt dies vor, wenn der Pflichtteilsberechtigte kumulativ Kenntnis vom Erbfall, von der ihn beeinträchtigenden letztwilligen Verfügung und von dem Schuldner, also dem Erben, erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen können
Kenntnis von der beeinträchtigenden letztwilligen Verfügung setzt voraus, dass der Pflichtteilsberechtigte den wesentlichen Inhalt der beeinträchtigenden Verfügung erkannt hat. Dazu ist eine in die Einzelheiten gehende Prüfung der Verfügung und eine fehlerfreie Bestimmung ihrer rechtlichen Natur nicht erforderlich. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die Vorstellungen des Pflichtteilsberechtigten über den beim Erbfall vorhandenen Nachlass und seinen Wert zutreffen. Die erforderliche Kenntnis kann jedoch fehlen, wenn der Berechtigte infolge Tatsachen- oder Rechtsirrtums davon ausgeht, die ihm bekannte Verfügung sei unwirksam und entfalte daher für ihn keine beeinträchtigende Wirkung. Das gilt jedenfalls dann, wenn Wirksamkeitsbedenken nicht von vornherein von der Hand zu weisen sind.
Hieraus folgt, dass stets eine Betrachtung im Einzelfall geboten ist. Allein das Fortdauern eines Erbscheinverfahrens führt daher nicht dazu, dass von Unkenntnis auszugehen ist, zumal die Beschwerdeentscheidung im Erbscheinsverfahren ohnehin nicht zu einer materiellen Rechtskraft führt
Leitsatz der Redaktion.
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